Navigation auf uzh.ch

Suche

Institut für Völkerrecht und ausländisches Verfassungsrecht  Lehrstuhl Kaufmann

NMUN 2011

Unsere Delegation, bestehend aus 16 Master- und Bachelor-Studierenden der Rechtswissenschaftlichen und Philosophischen Fakultät, wird an der National Model United Nations in New York Indonesien vertreten.

von links nach rechts: Zahra Fawzi, Michelle Sos, Alessandro Minuscoli, Lisa Eifert, Anja Binder, Selina Bruderer, Xenia Schmid, Nina von Büren, Fabian Vollrath, Nicola Haas, Christopher Enderli, Andreas Kunz, Ursina Egli, Nicolas Zahn, Désirée Stebler, Thomas Meier, Christine Kaufmann, Corinne Reber, Hans Rudolf Trüeb

Bericht zur N'MUN in New York

National Model United Nations 2011 in New York – Gesamteindruck von Nicola Haas

„You face a world full of vested interests.“ Dies waren die Worte von Herrn Olav Kjørven, Assistant Secretary-General des United Nations Development Programme, während der Eröffnungszeremonie des National Model United Nations (NMUN) 2011 in New York. In der Retrospektive wohl verheissungsvolle Worte. Aber alles der Reihe nach:

Wie der Name schon verrät, handelt es sich bei Model United Nations zwar lediglich um eine Nachstellung der Arbeit der „wirklichen UN“. Von MUN-Insidern hiess es dann auch, dass bei solchen Modelkonferenzen der soziale Austausch junger Weltbürger ebenso von Bedeutung wäre wie das Abbilden eines möglichst plausiblen diplomatischen Prozesses. In New York hingegen versuchte ein Grossteil der Delegierten mit beachtlichem Ehrgeiz die eigenen Interessen bzw. die Belange der von ihnen vertretenen Staaten, also diese „vested interests“, durchzusetzen. Sozialer Austausch war deswegen, vor allem in den grösseren Komitees, von untergeordneter Bedeutung. Der Grund für diese höhere Sachlichkeit liegt darin, dass es sich beim NMUN New York um ein Prestige-MUN handelt, wohl aufgrund der Grösse (mehrere Tausend Studierende aus aller Welt) und des Austragungsorts (ein Steinwurf vom UN Hauptquartier entfernt). Eine Auszeichnung an diesem MUN macht sich gut im Lebenslauf einer zukünftigen Diplomatin oder eines zukünftigen Diplomaten. Ein geübter MUN-Teilnehmer beschrieb den Charakter des NMUN in New York – mit etwas Understatement – als „durchaus herausfordernd“.

Umso beeindruckender ist somit die Leistung unserer Vertreterin und unseres Vertreters in der Group of 20, Selina Bruderer und Alessandro Minuscoli, die aufgrund ihrer Fachkompetenz und ihres Verhandlungstalents mit dem „Best Delegate Award“ für ihr Komitee ausgezeichnet wurden.

Unsere Delegation bestand aus 16 Studierenden der Politik- und Rechtswissenschaften der Universität Zürich. Die Aufgabe der acht Zweierteams lautete, Indonesien in den verschiedenen Komitees hinsichtlich bestimmter Themen zu vertreten. Das Rüstzeug dafür eigneten wir uns durch die persönliche Recherche und im Rahmen vierer Vorbereitungstage in der Kanzlei von Walder Wyss in Zürich an. Diese Vorbereitungstage und die anschliessende Konferenz in New York wurden im Rahmen eines Seminars der Universität Zürich unter der Leitung von Prof. Christine Kaufmann und Prof. Hans Rudolf Trüeb durchgeführt. Für die Beantwortung von Fragen hinsichtlich des Konferenzablaufs waren unsere kompetenten Head Delegates, Caroline Ehlert und Corinne Reber, verantwortlich. Sie hatten für unsere Sorgen stets ein offenes Ohr.

Was bleibt nach einer intensiven Vorbereitungsphase und noch intensiveren Verhandlungstagen in New York? Kurzfristig vor allem ausgeprägte Erschöpfung. Langfristig aber einmalige Erinnerungen und wertvolle Erfahrungen:

Wir mussten uns in die Sichtweise Indonesiens einarbeiten. Wir mussten also lernen, Sorgen und Hoffnungen eines fremden Landes zu verstehen. Wir mussten lernen, Interessen geltend zu machen, die unseren persönlichen Interessen vielleicht sogar diametral entgegenliefen. Wir mussten verhandeln, Kompromisse eingehen und Prioritäten setzen.

Wir durften aber auch. Wir durften die Ständigen Vertretungen Indonesiens und der Schweiz bei den Vereinten Nationen besuchen, wo uns die UN-Botschafter Hasan Kleib und Paul Seger freundlich empfingen und aus ihrem reichen Erfahrungsschatz erzählten. Zudem durften wir interessante Studierende aus aller Welt kennen lernen und vielleicht sogar Freundschaften schliessen. Wir durften persönliche Erfolge feiern. All dies in einer pulsierenden Weltstadt.

Und nicht zuletzt bleibt uns die Erinnerung, nicht nur im Raum der UN-Generalversammlung gesessen, sondern ebenda auch diskutiert und abgestimmt zu haben. Wer weiss, vielleicht für den einen oder anderen von uns nicht zum letzten Mal. 

In den verschiedenen Komitees wurden folgende Themen verhandelt:

General Assembly First Committee – Disarmament and International Security (DISEC)

Die drei vorzubereitenden Themen waren: der Vorratsüberschuss konventioneller Waffen; die Rolle von Wissenschaft und Technologie im Kontext der internationalen Sicherheit und Abrüstung; Abrüstung, Demobilisierung und Entminung als Voraussetzungen für Frieden in Afrika. Aufgrund des Umfangs der Themen wurde schliesslich nur der erste Punkt auf der Agenda, also die Diskussion rund um Vorratsüberschüsse konventioneller Waffen, verhandelt. Kurz nach Eröffnung der Sitzung formierten sich Allianzen zur Ausarbeitung von Arbeitspapieren, in der Verfahrenssprache der UN „Working Papers“ genannt. Diese „Working Papers“ bildeten die Grundlage für spätere Resolutionsentwürfe oder „Draft Resolutions“. Wir schlossen uns einer Gruppe an, die vorwiegend aus Staaten der Afrikanischen Union bestand. Es gelang uns, ein paar Inputs in die Arbeiten einzubringen, welche schliesslich Niederschlag in der Draft Resolution dieser Gruppe fanden. Von den neun eingereichten Draft Resolutions wurden am letzten Tag alle angenommen. Nicolas Zahn und Nicola Haas

General Assembly Second Committee – Economic and Financial (ECOFIN)

Wir diskutierten und evaluierten bestehende Entschuldungsinitiativen und versuchten neue, innovative Lösungsansätze zu finden, um Entwicklungsländern einen mittel- und langfristigen Weg aus der Schuldenfalle und hin zu nachhaltiger Entwicklung zu ermöglichen. Wir konnten die Erfahrung Indonesiens mit der eigenen Staatsverschuldung einbringen und erarbeiteten zusammen mit verschiedenen südasiatischen und arabischen Staaten ein ehrgeiziges Arbeitspapier: Gefordert wurden beispielsweise ein temporäres Schuldenmoratorium, flexiblere Auswahlkriterien und eine Öffnung der Bretton-Woods-Initiativen auch für Länder der mittleren Einkommenskategorie. Dass diese Institutionen die Souveränität der Staaten respektieren sollen, war ein zentrales Anliegen von Indonesien. Aus diesem Grund lehnten wir Konditionen für Schuldenerlasse dezidiert ab. Die Diskussionen über Inflationsziele, Besteuerung, Zölle und die Entwicklung nationaler Privat- und Finanzsektoren gingen zum Teil sehr in die Tiefen der Makroökonomie, was es einerseits spannend machte, andererseits aber auch sehr anspruchsvoll. Schliesslich kamen zehn Resolutionsentwürfe mit vielen neuartigen und bemerkenswerten Konzepten zustande, die allesamt angenommen wurden. Lisa Eifert und Xenia Schmid

General Assembly Third Committee – Social, Cultural, and Humanitarian (SOCHUM)

Unser Komitee einigte sich nach einem langen Agenda Setting Prozess auf das Thema „Promoting Alternative Development Strategies to Combat the World Drug Trade“. Zusammen mit Indien und Sri Lanka haben wir eine Draft Resolution ausgearbeitet, welche die wichtigsten Ziele in alternativen Entwicklungsprogrammen nannte. Inhaltlich bestand die Strategie darin, sich auf die regionalen Gegebenheiten zu konzentrieren, um so auch spezifisch den sozialökonomischen, politischen und demographischen Verhältnissen der Staaten gerecht zu werden. Aus diesem Grund haben wir uns zunächst bewusst auf benachbarte Bündnispartner, sowie einige andere asiatische Staaten konzentriert. Wir sahen die Stärken des asiatischen Raumes in der gemeinsamen Erarbeitung von alternativen Entwicklungsprogrammen, damit eine erfolgreiche Bekämpfung des Drogenhandels erreicht werden konnte. Nach vier anstrengenden Tagen, sechs angenommenen Resolutionen und unzähligen neuen Bekanntschaften hatten wir endlich unsere Schlusssession im UN Hauptquartier. Dies war der Höhepunkt unseres Seminars. Abschliessend kann gesagt werden, dass wir unsere Kompetenzen in Bezug auf diplomatischen Umgang, Streitbeilegung und interkulturelles Verständnis enorm weiterentwickeln konnten. Michelle Sos und Zahra Fawzi

Economic and Social Commission for Asia and the Pacific (ESCAP)

Während vier intensiven Tagen haben wir eine konstruktive Debatte zum Thema „Energiesicherheit durch Energiediversität“ geführt. Die Zusammenarbeit zwischen den im ESCAP vertretenen Staaten war einwandfrei. Auch die Grossmächte China, die Vereinigten Staaten von Amerika und Russland arbeiteten eng und kooperativ zusammen. Die Arbeitspapiere sowie die daraus entstandenen Resolutionen behandelten insbesondere erneuerbare und alternative Energiequellen sowie deren Finanzierung. Wir, als Vertreterinnen der indonesischen Delegation, setzten uns vor allem für die Stärkung und Förderung von Public Private Partnership (PPP) im Energiesektor ein. Die vier erarbeiteten Resolutionen wurden teilweise per Akklamation angenommen. Anja Binder und Nina von Büren

United Nations Environmental Programme (UNEP) „What is your topic order?“

Schon direkt mit dem Eintreten in den Konferenzsaal ging es los mit dieser ersten Frage der – wie viele anderen auch – übereifrigen Delegierten von Serbien. Ein Sprung ins kalte Wasser. Wasser war dann auch an erster Stelle unserer Agenda. Neben dem „Mid-term review of the UN’s Water for Life decade” waren auch „Protecting biodiversity in a changing climate“ und „Creating more resource-efficient cities” zu behandelnde Themen. Leider blieb uns in den folgenden drei Tagen für die beiden letztgenannten Themen keine Zeit. Am Ende kamen immerhin sechs Draft Resolutionen zur Abstimmung, wovon alle angenommen wurden. Dies wiederspiegelt, dass sich alle der Bedeutung von Wasser bewusst sind und sich dank intensiven Diskussionen einigen konnten. Dies entspricht denn auch der Realität, da bei der UNEP die meisten Resolutionen per Akklamation angenommen werden. Désirée Strebler und Christopher Enderli

World Intellectual Property Organization (WIPO)

Leicht befremdet und zugleich ein wenig amüsiert über die Verbissenheit der Delegationen aus den USA, machten wir uns an die Arbeit im WIPO-Komitee, dessen diesjähriges Thema „Pharmaceutical Patents and the Fight Against HIV/AIDS in Developing Nations“ lautete. Zusammen mit einigen anderen ASEAN-Mitgliedstaaten verfassten wir unsere Standpunkte, welche wir dann erfolgreich in zwei Draft Reports anderer Gruppen einschleusten. Diese Reports überstanden, neben sieben anderen Dokumenten mit zum Teil äusserst kreativem Inhalt, erfreulicherweise die Schlussabstimmung. Die formelle Debatte benutzte Indonesien für einen Aufruf an die Delegierten, sich bei der Arbeit an den Reports und bei den anschliessenden Abstimmungen an die eigentlichen Kompetenzen der WIPO zu erinnern. Ob dieser Weckruf einen Einfluss auf die Schlussabstimmung hatte, liess sich nicht mit Sicherheit eruieren. Immerhin wurde der Report, welcher eine Versicherungseinrichtungspflicht forderte, am Ende abgelehnt. Andreas Kunz und Fabian Vollrath

Group of 20 (G20)

Nachdem unser Versuch, in den G20 ausnahmsweise dem Klimaschutz eine höhere Priorität zu geben, an einer Stimme scheiterte, stürzten wir uns voller Elan in die Behandlung der Ursachen und Auswirkungen der letzten globalen Finanzkrise. Gemeinsam mit anderen Schwellenländern wurden wir uns schnell darüber einig, dass eine der Hauptursachen für die Finanzkrise und die hohe Staatsverschuldung in der Stellung des US Dollars als Hauptreservewährung liegt. Deshalb erarbeiteten wir, neben neuen Transparenzvorschriften, Vorschläge für erste Schritte in die Richtung einer neuen Reservewährung für Staaten. Während die USA diese Bestrebungen anfangs noch sehr unterstützte, verweigerte sie nach etwas Recherche aber plötzlich ihre Zustimmung. So wurde schliesslich, dem konsensbasierten Charakter der G20 entsprechend (jedes Land mit Vetorecht), ein Kompromiss mit den USA ausgehandelt. Nachdem plötzliche Widerstände von Mexiko bei einem abendlichen Bier überwunden werden konnten, wurde dieser Kompromiss am Morgen des letzten Verhandlungstages verabschiedet. Im Schnellverfahren konnte dann am Nachmittag auch noch ein Bericht zum für Indonesien wichtigen Thema „food security“ von den G20 angenommen werden. Selina Bruderer und Alessandro Minuscoli

Nuclear Non-Proliferation Treaty Review Conference (NPT)

Wir vertraten Indonesien an der Konferenz zur Überprüfung des Atomwaffensperr-vertrags. Nach kurzer Diskussion über die Festlegung der Agenda entschied sich die Konferenz für das Thema der nuklearen Sicherheit, wobei nicht alle Delegationen das Gleiche unter nuklearer Sicherheit verstanden. Primär ging es um die Gefahr des nuklearen Terrorismus und Massnahmen, um nukleares Material zu schützen. Wohl aus strategischen Gründen verstanden einige Staaten unter diesem Thema die Sicherung des Zugangs zu Nuklearenergie oder packten noch ganz andere Themen in ihre „Working Papers“. Unser Komitee war sehr gross, die Diskussionen gingen schnell in technische Details und die Anzahl „Working Papers“ wurde bald schwer überschaubar. Als komplette MUN-Neulinge machte uns das zu schaffen. Das Ziel war es, auf der Basis aller „Working Papers“ einen „Final Report“ zu erstellen. Dieser sollte so ausgestaltet sein, dass wir ihn mit Konsens annehmen könnten. Grosse Unzufriedenheit der Atommächte über gewisse Passagen im Report sowie ein aus Zeitgründen unfreiwillig abgekürztes Abstimmungsverfahren verhinderten den Konsens und somit wurde der Report nur mit einem Zweidrittelmehr angenommen. Ursina Egli und Thomas Meier  

Sponsoren: